A perverts guide to the Balkan
"Jeder Staat braucht seinen eigenen Balkan!"
Mit diesen Worten begann der Philosoph Slavoj Žižek im Nov, 2008 in der italienischen Stadt Gorizia seinen Vortrag über Ideologie und den Fall staatlicher Grenzen. Ein Europa "ohne Grenzen" vor Augen betonte er die Differenz zwischen physischen und mentalen Grenzen und hob hervor das es weitaus schwieriger sei die mentalen Grenzen abzubauen, da diese von Generation zu Generation im Prozess des "mental Mapping" transferiert werden. Der Balkan, so Žižek, repräsentiert in der europäischen Wahrnehmung "das Andere" oder "das Unbewusste". Nehmen wir mal psychoanalytisch an, der Balkan sei "das Andere / das Unbewusste", dem niemand zugehören will, dann braucht jeder Staat seinen Balkan, um eben diese Differenz des "Wir und Die" herzustellen.
Der geographische Aspekt, der oft als ewig, andauernd, starr, homogen etc dargestellt wird, scheint daher als Sündenbock für die Erklärung der Konflikte ethnischer Gruppen herhalten zu müssen. Bezugnehmend auf Emir Kusturicas Film "Underground" kritisiert Žižek den im Film untergegangen Staat, der als Ort der Leidenschaft, Alkohols und sexuellen Verlangens dargestellt wird, einem erinnerten, allegoriertem Ort in dem die Erinnerungen und sublimierter Hass herrschen. Žižek verneint diese Allegorie und betont das trotz Teilhabe an Konflikten und den in diesen Konflikten begangenen Verbrechen die Menschen es doch schaffen den Handel, den Austausch von Waren wiederaufzunehmen und die geschehenen Ereignisse zu vergessen.
In weiten Teilen der Ausführungen stimme ich Žižeks zu, dennoch Frage ich mich ob nicht durch das Verschwinden bzw. den Abbau der geographischen Grenzen, die mentalen Grenzen nicht nur im Bezug auf den Balkan immer weiter ausgebaut werden. Man nehme zum Beispiel den politisch-philosophischen Diskurs des "Staates der Ausnahme", dem Lager als Paradigma der Moderne, Biotechnologie,etc. Die Welt erscheint, zwar nicht in einer "old fashioned" Sichtweise gefährlich, aber gefährlicher als jemals zuvor.
Zum Abschluß fällt mir noch ein Zitat von Gilles Deleuze ein, das ich mal gelesen habe:
"Wenn Sie im Traum eines Anderen gefangen sind, dann sind Sie verloren."
Hoffe das war nicht allzu starker Tobak, würde mich über Kommentare freuen und wie Ihr das mit Grenzen, Innen/Außen, "Wir und Die" seht.
Hier noch etwas zum schmunzeln, nachdenken, wie auch immer:
1 Kommentare:
Über dein Zitat und den Traum werde ich erst noch nachdenken und mich dann dazu äußern!
aber GRENZEN ist ein schönes reizthema. aus sicht des europäischen unionisten, müssen ja alle grenzen weg, weil grenzen etwas schlechtes sind. dann hebt man die grenzen auf und "hoppla" - die menschen haben jetzt ja auch noch grenzen im kopf; dann müssen die auch noch weg!
ist das wahr?
ich bin ein bewusst gläubiger mensch und fühle die einsheit der schöpfung als etwas richtiges. und der mensch lebt - meiner meinung nach - sowohl in abgrenzung und in gemeinschaft - die existenz der grenzen nun zu dämonisieren halte ich für augenwischerei. grenzen sind etwas zutiefst menschliches.
bei der dämonisierung rutscht dann nämlich genau wie beim "balkan für alle" das unerwünschte, abgelehnte in den schatten. man will es nicht wahrhaben und doch ist es ständig da!
danke für diese anregungen!
Kommentar veröffentlichen