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Deconstructing the BALKANS IV

Die Frage, die mich dieses mal beschäftigt ist:
Wenn nach Foucault der Diskurs grundsätzlich den Vorgang der Herausbildung jener Wahrheiten, "in denen wir uns unser Sein zu denken geben" bezeichnet und determiniert, was jeweils als "vernünftig" gegeben zu sein scheint und aus dem sich die Wirkung von "unpersönlichen und kontingenten Machtwirkungen" konstituiert. Wie kam es dann dazu, das aus dem Balkan, der zunächst als Haemus bekannt war, ein biologistisch-geopolitischer Begriff, der es möglich machte eine als Faktum erscheinende "emergente" Ordnung zu konstituieren?

Ich werde in diesem Beitrag erstmal versuche zu klären, wieso der Haemus und woher kommt der Name? In dem darauf folgenden Artikel wird es dann um die Taxonomie des Menschen gehen und zum Abschluß dann um Geopolitik.

Mir war einige zeit unklar als ich Todorova gelesen habe was es mit dem Haemus auf sich hat. Todorova schiebt den Begriff in die Flora und Fauna ab und erklärt ihn zu keinem Zeitpunkt in "Die Erfindung des Balkans". Bemüht man die Datenkrake GOOGLE, so wird man zum Mond verwiesen:
"Die Montes Haemus sind ein Gebirgszug auf dem Erdmond. Der Name wurde von Johannes Hevelius (1611–1687) vom ehemals griechischen Namen für das Balkangebirge abgeleitet („Haemus, mons Thraciae“) und von der Internationalen Astronomischen Union im Jahr 1961 offiziell festgelegt."

Was wäre die Welt bloß ohne Hyperlinks? Clickt man auf Balkangebirge so wird einem das vorgesetzt:

"In der Antike wurde das Balkangebirge Hemus (bulg. Хемус) genannt, griech. Αίμος; thrakisch Haimos, lat. Haemus.

Die Türken (sic! der Autor) gaben dem Bergzug den Namen Balkan, das bedeutet ‚Gebirge‘ oder ‚Bergwald‘. Zwischen dem 14. und dem 17. Jahrhundert haben die osmanischen Türken das Gebiet schrittweise erobert und waren ungefähr bis zum Ende des 19. Jahrhunderts dort die vorherrschende Macht."

Immerhin haben es die "TÜRKEN" zunächst geschafft, diesen Teil des Erdballs positiv zu konnotieren.

Ok, immernoch keine Erklärung von Haimos/ Haemus und irgendwie fühlt man sich dabei wie Sascha Baron Cohen, der in seinem Film "BRÜNO", als er zwischen Israelis und Palästinensern sitzt die Frage stellt: "What´s your problem with Humus?".

Das wird wohl die Leichtigkeit des recherchierenden Seins sein. Aber gut schauen wir doch mal im Griechischen nach....

In der Ethymologie des Wortes findet sich erstmal nichts, aber in der griechischen Götterwelt, eine kleine Genealogie:


Astraios

In der griechischen Sage der Sternenhimmel. Ein Titane.

Vater des Zephyros, des Boreas, des Notos, des Hesperos, des Phosphoros und der übrigen Sterne.

Boreas

In der griech.-röm. Sage der Nordwind.

Sohn des Astraios und der Eos, Gatte der Oreithyia und Vater der Boreaden, des Haimos von Thrazien und der Kleopatra.

Er wohnt in einer Höhle im thrazischen Hämus oder des mythischen Rhipäischen Gebirges. Dorthin entführt er die Tochter des athen. Königs Erechtheus, Oreithyia, die ihm die Boreaden gebar. In Gestalt eines Rosses zeugte er mit den Stuten des Erichthonios zwölf windschnelle Fohlen.

Haimos / Haemus (lat.)

In der griechischen Sage König von Thrazien.
Sohn des Boreas und der Oreithyia, Gatte der Rhodope und Vater des Hebros. Wird gemeinsam mit seiner Gattin in ein Gebirge verwandelt, weil sie sich Zeus und Hera nannten.

Da bleibt nur noch die Frage, warum wurde der Name Haemus im europäischen Kontext verworfen und der Name Balkan angenommen. Vielleicht aus Osmanophilie? Wer weiss...

Fest steht im Sinne der Sterne: Das Weltall ist zu weit ... und der Rest ist schon verteilt