28.Apr2010
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A perverts guide to the Balkan


"Jeder Staat braucht seinen eigenen Balkan!"

Mit diesen Worten begann der Philosoph Slavoj Žižek im Nov, 2008  in der italienischen Stadt Gorizia seinen Vortrag über Ideologie und den Fall staatlicher Grenzen. Ein Europa "ohne Grenzen" vor Augen betonte er die Differenz zwischen physischen und mentalen Grenzen und hob hervor das es weitaus schwieriger sei die mentalen Grenzen abzubauen, da diese von Generation zu Generation im Prozess des "mental Mapping" transferiert werden. Der Balkan, so Žižek, repräsentiert in der europäischen Wahrnehmung "das Andere" oder "das Unbewusste". Nehmen wir mal psychoanalytisch an, der Balkan sei "das Andere / das Unbewusste", dem niemand zugehören will, dann braucht jeder Staat seinen Balkan, um eben diese Differenz des "Wir und Die" herzustellen.


Der geographische Aspekt, der oft als ewig, andauernd, starr, homogen etc dargestellt wird, scheint daher als Sündenbock für die Erklärung der Konflikte ethnischer Gruppen herhalten zu müssen. Bezugnehmend auf Emir Kusturicas Film "Underground" kritisiert Žižek den im Film untergegangen Staat, der als Ort der Leidenschaft, Alkohols und sexuellen Verlangens dargestellt wird, einem erinnerten, allegoriertem Ort in dem die Erinnerungen und sublimierter Hass herrschen.  Žižek verneint diese Allegorie und betont das trotz Teilhabe an  Konflikten und den in diesen Konflikten begangenen Verbrechen die Menschen es doch schaffen den Handel, den Austausch von Waren wiederaufzunehmen und die geschehenen Ereignisse zu vergessen.

In weiten Teilen der Ausführungen stimme ich Žižeks zu, dennoch Frage ich mich ob nicht durch das Verschwinden bzw. den Abbau der geographischen Grenzen, die mentalen Grenzen nicht nur im Bezug auf den Balkan immer weiter ausgebaut werden.  Man nehme zum Beispiel den politisch-philosophischen Diskurs des "Staates der Ausnahme", dem Lager als Paradigma der Moderne, Biotechnologie,etc.  Die Welt erscheint, zwar nicht in einer "old fashioned" Sichtweise gefährlich, aber gefährlicher als jemals zuvor.

Zum Abschluß fällt mir noch ein Zitat von Gilles Deleuze ein, das ich mal gelesen habe:
 

"Wenn Sie im Traum eines Anderen gefangen sind, dann sind Sie verloren."

Hoffe das war nicht allzu starker Tobak, würde mich über Kommentare freuen und wie Ihr das mit Grenzen, Innen/Außen, "Wir und Die" seht.

Hier noch etwas zum schmunzeln, nachdenken, wie auch immer: 









24.Apr2010
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S.A.R.S. - Budjav lebac


23.Apr2010
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Oldschool Primitives

 
Wahrscheinlich denkt ihr jetzt, was ist denn das für ein bescheuerter Titel.... So hab ich auch gedacht!  Mir ist aber als ich heute noch mal über diese Tattoos nachgedacht habe der Begriff der Neo-Primitives in den Sinn gekommen. Naja, die Präposition "Neo" find ich an und für sich  schon fragwürdig. Irgendwie ist ja das meiste was sich mit dieser Vorsilbe tarnt, antiquiert, aus der Mode oder sieht grad den "Zeitgeist" im Zug winkend vorbeifahren. Kurz und knapp: Same shit different packaging....


Dabei denke ich an Begriffe wie Neo - Konservatismus , Neo - Liberalismus, Neo - rave etc


Ok, Back to topic. Hier seht ihr ein Bild was gar nicht so untypisch war in Bosnien bis in die 80er Jahre. Frauen mit tattoowierten Händen in traditioneller Kleidung. Ein bisschen weiss ich zwar darüber, aber würde mir hier nicht zutrauen den Ursprung dieser Tattoos mit meinen gefährlichem Halbwissen zu erklären. Da sind wir Historiker der Fokus-Redaktion recht ähnlich. Bei denen heisst es ja bekanntlich Fakten,Fakten,Fakten und dabei nicht an die Leser denken.  Bei meiner online Recherche bin ich auf insgesamt 3 Bilder gestossen, die dieses Phänomen zeigen. Dann natürlich als ganz vorbildlicher Historiker ( Haha, selbst nen Vogel zeig! Anm. des Autors) erstmal die Literatur sichten, um dann ganz Homer Simpson like  ein "Duh" abzulassen, da ich so gut wie nichts zu diesem Thema gefunden habe.


Hier ist erstmal das was ich gefunden habe:


Ciro Truhelka: Die Tätowirung bei den Katholiken Bosniens und der Hercegovina (published in Wissenschaftliche Mittheilungen Aus Bosnien und der Hercegovina, herausgegeben vom Bosnisch-Hercegovinischen Landesmuseum in Sarajevo, redigiert von Dr. Moriz Hoernes, Vierter Band, Wien 1896)


Karl Kaser von Böhlau: Hirten, Kämpfer, Stammeshelden. Ursprünge und Gegenwart des balkanischen Patriarchats


Danke für den Literatur Hinweis, Stefan!


Wer noch Interesse an dem Buch hat, gibt es als freies eBook beim Project Gutenberg: 


Durham M. Edith - Twenty years of Balkan Tangle, London 1920
22.Apr2010
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Angelus Novus

Mittlerweile ist es 0:40 Uhr und dieses Thema lässt mich nicht in Ruhe. Nachdem ich mich erstmal durch den Templatewahn des Blogoversums - das ist wohl der Geek in mir - durchgewühlt habe, um das mir am meisten zusagende Layout zu finden und entsprechend zu layouten, bin ich nun endlich dazu gekommen die anderen Blogs der Kursteilnehmer zu lesen.

Da ich an der ersten Sitzung nicht teilgenommen habe, werde ich nun versuchen in freier Assoziation zu beschreiben was der Balkan für mich ist.

Ja, hmmm, was wir alle gemeinsam haben ist wohl das man das gar nicht genau sagen kann was der Balkan ist. Um ehrlich zu sein bin ich erst spät mit dem Begriff "Balkan" in Berührung gekommen. Das war so Ende der 80er, Anfang der 90er und ich erinnere mich noch wie sich innerhalb eines Monats der Muttersprachliche Unterricht, den ich damals besucht habe, komplett aufgelöst hat. Damals war ich noch relativ jung und hatte in die politischen Ereignisse Jugoslawiens so gut wie keinen Einblick - geschweige denn das ich sie verstehen konnte. In Retrospektive weiss ich noch das wir von Unterrichtsstunde zu Unterrichtsstunde immer weniger wurden, nach und nach waren immer weniger Kroaten und Muslime da und es war echt seltsam das mit anzusehen, da viele von uns seit der Grundschule die gleiche Klasse besuchten. So langsam fing ich an durch die Medien zu realisieren was passierte, dieser Eindruck, das etwas faul sei im Staate Jugoslawien, verstärkte sich zusätzlich als wir 1991 in Dalmatien nahe der "Krajina" die alljährliche Sommerferien Urlaubstour machten. Wenige Wochen nachdem wir zurück in Deutschland waren ging es dann auch los mit den ersten "kriegsähnlichen" Eskalationen. Naja, um das ganze mal etwas abzukürzen, da mich Morpheus in seinen Armen erwartet, kam ich durch die Medien  in Kontakt mit dem vielzitierten Begriff  "Pulverfass Balkan". Klar hatte ich schon einen Einblick in die Geschichte und die Ereignissen des 2 WK, dennoch war das ganze für mich eine unschöne Episode in der Geschichte der "Südslaven", da wir in der Schule immer auf die Einheit derselben verwiesen wurden. So erschien es einem selbst das der Balkan sich immer mehr  zu einem Bild der Barbarei und dem fehlen jeglicher Zivilisation formte.

Dies hört sich jetzt nun recht negativ an was ich mit dem Balkan verbinde, aber dem ist nicht so.

Meine persönlichen Gefühle gegenüber diesem Teil Europas, egal welche Bezeichnungen ihm nun historisch eingeschrieben wurden, sind mehr als Positiv. Ich sehe mich noch als kleiner Junge, der dort fast jegliche Freiheit genoss. Das fängt beim Bau von Baumhäusern auf dem riesigen Hof meiner Großeltern in Bosnien an, das Führen der Tiere zur Tränke, geht weiter über das Heu mähen bei dem sich das halbe Dorf versammelte, um zu helfen, zu unseren artistischen Sprungeinlagen in der Scheune wo das Heu gelagert wurde. Je älter ich wurde, desto mehr war es auch die "Ausnahmestellung"  des Jugoslawischen Sozialismus, die besonderen Tattoos meiner Oma und vieler anderer Frauen in ihrem Alter..... Ich könnte jetzt weiter und weiter schreiben, aber das was mich am meisten beeindruckt hat - wenn das nun mein Vater liest, wird er mich nur noch "Mujo" nennen - waren die Momente der Ruhe nachdem der Muezzin zum Gebet gerufen hat. Ich habe für diese Momente keinen Vergleich, aber es waren genau diese Momente in denen man einfach das Gefühl hatte einen gewissen "Frieden" zu verspüren abseits der sonst alltäglichen Hektik der (Groß-) Städte.

Genau aus diesem Grunde stimme ich dem Stefan, den man auch liebevoll den Berhard Grizmek des Balkan taufen könnte,  zu: "Der Balkan darf nicht sterben!".


Anbei ein Zitat Walter Benjamins, mit dem ich mich als Historiker sehr gern beschäftige, welches für mich einen gewissen Charme/ Reiz ausübt und auch das Bild auf dieses Thema "Balkan" am besten beschreibt:


"Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muß so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er  eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm."

aus: Walter Benjamin: Über den Begriff der Geschichte,  Geschichtsphilosophische These IX.
21.Apr2010
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Erste Worte

Dies ist das erste Posting für die Übung "Einführung in die Geschichte des Islams auf dem Balkan (Fallbeispiel Bosnien)". Da ich gerade nicht genau weiss was es mit dem Blog auf sich hat, poste ich erstmal was mich an das Vorkriegs Bosnien erinnert..... 


Viel Spaß,  demnächst mehr